Deutschland ist und bleibt auf der Höhe der Zeit, auch wenn der Blick stramm nach unten geht.
Typischerweise übt der Mensch schon mit früher Kindheit den aufrechten Gang. Irgendwann zwischen 1. und 2. Geburtstag steigt fast jedes Kind auf die eigenen Füße, zuerst wacklig, dann immer sicherer, lernt sich von A nach B zu bewegen und entdeckt mit dieser Fähigkeit das Leben und die Welt.
Nach den ersten 'Hinfallern' bekommen die lieben Kleinen Sicherheit, Stürze werden weniger, dafür werden die Gefahren größer, da irgendwann neben ebenerdigem Fortbewegen auch die Höhe als interessant erkannt wird.
Früher lernten wir in der Schule aufrecht zu sitzen, wir bekamen von den Lehrern auch schon mal in der Stunde den Rücken durchgedrückt, gelegentlich wurde ein Lineal hinten in den Pullover geschoben damit wir beim Sitzen nicht zu sehr nach vorn fielen.
Im Sportunterrricht wurde der Rücken trainiert, später, pubertär, lernten wir besonders gerade zu laufen. Die Jungs zogen den Bauch ein und plusterten den Oberkörper - so fern dazu geeignet - mehr oder weniger stark auf um Figur vorzutäuschen. Die Mädels liefen lasziv aufrecht um Brust zu zeigen, sofern vorhanden. Aber während sich bei den Jungs fehlende Muskeln nicht kaschieren ließen, hatten die Mädels einen BH. Von wegen, alle Menschen sind gleich!
Die Sache mit dem BauchEinziehen wird mit den Jahren immer schwieriger, irgendwann kommt auch der Moment, an dem der BH der Schwerkraft nicht mehr gewachsen ist. Spätestens dann fällt der Mensch wieder nach vorn, der Rücken rundet sich, der Blick ist nicht mehr (auf)-fordernd, sondern eher ängstlich.
Das präfinale Stadium ist der Rollator.
Ein geflügeltes Wort meiner Kindheit war die Aufforderung: "Augen auf im Straßenverkehr". Wir lernten das Verhalten auf der Straße. Am Straßenrand stehen bleiben, erst den Blick nach links, dann nach rechts, danach erst loslaufen. Wir lernten wie eine Straßenampel funktioniert, diese Dinger mit den unterschiedlichen Farben, "Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr" usw..
Heute predigt zum Glück niemand mehr, "Augen auf im Straßenverkehr", weil, die Augen sind anderweitig beschäftigt. Fast jeder Deutsche hat (s)ein Smartphone.
Auf den Straßen begegnen mir in den Generationen bis "U 50" fast nur noch Menschen mit einem Rundrücken, d.h. stark nach vorn geneigtem Kopf, der Blick ist nach unten in Richtung Straße gerichtet, die Schultern werden hochgezogen, so als solle der Hals vor Zugluft geschützt werden. Auf ungefähr halbem Weg zwischen Pflaster und Kopf werden die Hände leicht nach vorn gehalten, die linke Hand hält meist ein kleines Kästchen, das Smartphone. Die Finger der rechten Hand huschen, rennen, trommeln über das Display.
Noch gibt es keine App, die die SmartphoneMenschen vor Kollisionen mit Dingen oder anderen Menschen warnt oder gar schützt. So rennt man schon mal gegeneinander, kollidiert mit Radfahrern, weil man deren Klingeln wegen der in ear-Kopfhörer nicht mehr vernimmt, stolpert über Kinderwagen und Autos, rennt bei Rot über die Straße und lebt durchweg gefährlich.
Wissenschaftliche Erhebungen in Städten haben gezeigt, dass die Zahl der Rot-Verstöße an den Ampeln bei SmartphoneMenschen explizit zunimmt, eine nachgerade tödliche Mixture. Vor allem aber bietet jegliche Kollission, unabhängig davon mit welcher Materie, die Gefahr der vielleicht sogar irreversiben Schädigung des Smartphones. Möglicherweise könte auch hier primär eine App helfen, die die Ampel bei Annäherung automatisch auf "Grün" umschaltet.
Auf eine bahnbrechende Idee ist diesbezüglich die Stadt Köln gekommen. Die Stadtverwaltung will an besonders exponierten Ampeln eine "Rot-Leuchte" in den Straßenbelag einarbeiten lassen um SmartphoneMenschen rechtzeitig zu warnen.
Dazu fällt mir nichts, aber auch gar nichts mehr ein!
Deutschland schaut nach unten! Augen auf im Straßenverkehr!
Kommentare
Kommentar veröffentlichen