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Showdown am Nachmittag


Den EdelWestern "12Uhr mittags" aus 1952 mit Grace Kelly und Garry Cooper dürfte wahrscheinlich jeder erwachsene Mitbürger schon mindestens 1 mal in seinem Leben gesehen haben, mindestens! 

Speziell die finale Szene mit der Schießerei zwischen Will Kane und der Bande von Frank Miller ist ganz, ganz großes Kino. Das Spiel der Augen, die Gestik, die Mimik und die Körpersprache, formidabel.

Als Normalo laufen einem dabei die Emotionen über den Rücken, hoch und runter wie ein Reissverschluss und nie im Leben geht man davon aus, dass einem selbst ähnliches passieren könnte.

Und doch, heute ist es passiert!

Es war eine völlig unvorbereitete Konfrontation, eigentlich hätte es dazu nicht kommen sollen. Niemand von uns hätte diesen Moment in seiner Dramatik auch nur erahnt.

Es kommt nicht oft vor, dass sie jemand so dicht an sich heranläßt, dazu ist sie viel zu vorsichtig. Ihre Vorsicht u.a. hat ihr geholfen dass sie heute noch, nach mehr als 6 bewegten Jahrzehnten, dem Leben nahezu unversehrt ins Auge blicken kann. Sie steht in der Haustür, unmittelbar unter dem Türrahmen, nach hinten vom Haus, an den Seiten durch die Wände geschützt. Skeptisch blickt sie nach draußen, sehr aufmerksam, so, als wäre sie auf alles gefaßt. Auge in Auge stehen wir uns gegenüber, absolut auf gleicher Augenhöhe und jedes Detail ihres Gesichtes, vor allem ihre Augen sind nur einige wenige Zentimeter von mir entfernt. 

Nach einem kurzen Moment des Erkennens mustern ihre Augen aufmerksam Millimeter um Millimeter meines Gesichts, wie ein Scanner, der auch das kleinste Detail unerbittlich erkennt und festhält. Ich spüre ein Prickeln, so als würde ihr Blick jeden Millimeter meiner Gesichtshaut reizen, den Wunsch in mein Gesicht zu fassen unterdrücke ich, um keine Schwäche zu zeigen. Es ist nicht leicht, aber den prüfenden Blick halte ich aus. Die Spannung steigt, ohne dass irgendetwas passiert. Meine Hände hängen nach unten, würde Garry Cooper in dieser Situation zum Colt greifen und ziehen?

Sie nutzt die Situation greift nach meiner rechten Hand und nimmt den Gegenstand, den ich eigentlich festhalten will an sich. Wie gelähmt unterlasse ich den geringsten Widerstand.

Als ich mich wie in Trance nach vorn beuge und meine Lippen dabei ihr Gesicht berühren, sehe ich wie ihre Augen an mir vorbei schnell immer wieder nach rechts und links gehen, wie ein Raubtier das nach allen Seiten wittert, bevor es sich mit seiner gerissenen Beute befasst. Plötzlich begreife ich, dass mir von hinten Gefahr droht, hinten, von wo ich total ungeschützt bin.

Und es droht Gefahr, die Nachbarn! Wie Schuppen fällt es mir aus den Haaren, als sie sagt: "Die ganze Straße kann uns hier sehen!"

Plötzlich ist die Gefahr auch für mich greifbar: Die Nachbarn!

Die Nachbarn, die hinter ihren Gardinen darauf lauern, wie eine ältere Dame und ein älterer Herr sich gegenüber stehen.

"Die ganze Straße kann uns hier sehen!"

Die ganze Stadt hat überlebt, niemand ist zu Schaden gekommen, als ich zu allem entschlossen in mein Auto steige und unbeirrt der untergehenden Sonne entgegen fahre: 

High Noon am Nachmittag!












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