Montagmorgen, 6.30 Uhr, ich habe mir mein Frühstück bereitet, obwohl ich heute Nachtdienst habe und eigentlich schlafen könnte, bin ich wach. Mit zunehmenden Lebensjahren lässt das unmittelbare Schlafbedürfnis nach.
Früher habe ich gelächelt, versteckt oder wenn ich mich getraut habe auch offen, wenn sich die Alten in den unmöglichsten Situationen stundenlang über "schlechten Schlaf" verbreiteten.
Jetzt erlebe ich es selbst.
Es ist nicht so, dass mein Schlafbedürfnis direkt nachläßt. Im Gegenteil merke ich, dass ich schneller ermüde als vor 20 oder 30 Jahren. Und, die Müdigkeit nimmt keine Rücksicht "auf die Uhr".
Wehre ich mich dann nicht gegen mein Schlafbedürfnis, etwa regelmäßig am frühen Nachmittag, und ergebe mich der Müdigkeit, schlafe ich sofort ein und bin nach durchschnittlich 20 - 30 Minuten - beim Aufwachen nach einigen Augenblicken des Wunderns über mich selbst - wieder fit.
Reagiere ich aber antrainiert "preussisch", übergehe die Müdigkeit, trinke vielleicht noch einen Kaffee oder Tee mehr als üblich, quäle ich mich "unproduktiv" über den Tag, sehne den Abend herbei und hoffe möglichst schnell ins Bett gehen zu können. Das Einschlafen wird dann zur Qual, die Nacht bleibt unruhig, unterbrochen von vielen Wachphasen und am nächsten Morgen "hänge ich in den Seilen", wie weiland Sonny Liston am 25. Mai 1965 im legendären Boxkampf in der 1. Runde gegen Cassius Clay.
Übrigens stand man damals noch mitten in der Nacht auf, um den Kampf in Lewiston (Maine) im Fernsehen live zu sehen. Das war alternativlos, gab es doch weder irgendeine Aufzeichnungsmöglichkeit, noch eine Mediathek.
Was war eigentlich mein Ausgangspunkt?
Übrigens auch ein lebenszeitabhängiges Phänomen, ich komme beim berichten ganz schnell vom "Hundertsten ins Tausendste".
Also, 6.30 Uhr bin ich zum Frühstück bereit, obwohl ich hätte noch schlafen können.
Den frühen Morgen im Garten kann ich genießen, das Grün, die Ruhe, der moderate Chor der Vögel und fast unmittelbar über dem Frühstückstisch brütet ein Amselpärchen. Ich finde es faszinierend, die kleinen Tiere in ihrem eifrigen Tun zu beobachten.
Heute, gibt es eine kurze Unterbrechung in der angenehmen, morgendlichen Routine. Ein anschwellendes Rauschen in der Luft, welches schnell zunimmt, dann das Gefühl einsetzender Dämmerung als sich ein sehr großer Schwarm Stare aus östlicher Richtung, aus der Sonne kommend im prall gefüllten Kirschbaum niederlässt.
Poetisch müsste ich jetzt von ohrenbetäubendem Lärm berichten. Ja, es ist laut, nach der vorherigen Stille sehr laut, aber ohrenbetäubend oder störend auf keinen Fall. Der Schwarm macht sich über die tiefroten Kirschen her. Teils fressen sie die Früchte direkt am Ast, aber nur die guten, die anderen werfen sie nach unten, sodass es minutenlang geradezu Kirschen regnet. Nach einigen Minuten erheben sie sich, wie auf ein für mich unhörbares Kommando, aus dem Baum und nach einer halben Runde über dem Garten verschwindet der Schwarm mit nun leiser werdendem Rauschen gen Westen.
Ich bedauere, dass das mich faszinierende Schauspiel so flüchtig ist, aber sie waren lediglich gekommen, um gleich wieder zu gehen, wie so viele Dinge im Leben. Wie auch Sonny Liston in der 1. Runde des legendären Kampfes gegen Cassius Clay, dann schon als Muhammad Ali, am 25. Mai 1965 in Lewiston (Maine) und so viele Dinge, die ich in meinem Leben bisher als furchtbar wichtig angenommen habe.
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