Feierlichkeiten, auch Familienfeierlichkeiten, passieren in diesem, unseren Land selten spontan, so auch Hochzeiten, zumindest in der Mehrzahl der Fälle.
Dem eigentlichen Ereignis geht regelhaft eine Vielzahl von Überraschungen, Planungen und Aktivitäten voraus, die unter anderem nach Leidensfähigkeit der Beteiligten lechzen.
Mittelbar und unmittelbar Beteiligte bringen sich ein, mit jeweils bestem Wollen.
Wobei interessanterweise jeder "das Beste" will, nur meist ist es nicht deckungsgleich. Sie reiben sich auf, am Gegenstand der Feier, den Rahmenbedingungen und vor allem gegenseitig. So entwickeln sich naturgemäß "elektrische" Ladungen. Zuweilen knistert es mehr oder weniger heftig, man merkt es oder auch nicht. Wenn nicht, wird man irgendwann, meist dann, wenn es am Wenigsten passt, von hinten vom Einschlag des Blitzes kalt erwischt und der folgende Donner macht halbtaub.
Am Ende wird der Akteur mit seinem Wollen "überleben", der selbst seine Ladung am feinsten steuern und seine Blitze am gezieltesten einsetzen kann. Auch der Zeitpunkt des Einschlags ist wichtig. Erfolgt er zu früh, verpufft er bis zum Finale wirkungslos. Erfolgt er zu spät, sind die Messen schon gesungen.
Strategie und Taktik sind gnadenlos gefragt. Naturgemäß sind die Älteren darin besser geübt, die Jungen sind erst in der nächsten Generation so richtig am Drücker. Als junger Mensch mag man das nicht gut finden, aber das ist de facto ein Naturgesetz.
Strategie und Taktik sind gnadenlos gefragt. Naturgemäß sind die Älteren darin besser geübt, die Jungen sind erst in der nächsten Generation so richtig am Drücker. Als junger Mensch mag man das nicht gut finden, aber das ist de facto ein Naturgesetz.
Rivalitäten brechen auf - zwischen den Generationen, innerhalb der Generationen, zwischen den Gendern.
Nehmen wir als Beispiel die Auswahl der geeigneten festlichen Kleidung.
Während die weiblichen Akteure an der Robe bis ins Kleinste feilen, vorsichtig nach allen Seiten sichernd, dass möglichst niemand vorbei ziehen kann, ist es für die Männer relativ einfach.
Aus der hintersten Ecke des Kleiderschrankes wird der Anzug gezerrt, der nach weiblichem Ermessen nach Jahren gerade noch zu passen scheint. Regelhaft ist es der Weiteste. Die trotz allem zu enge, alles zusammenkneifende Hose wird frisch geadelt, der Schnitt und das Material werden gelobt und der sehr, sehr vorsichtig ob der eigenen Lebensqualität Bedenken anmeldende potentiell glückliche Träger mit der Bemerkung ruhig gestellt, "Da musst du jetzt eben durch." Da dabei ein leichter, aber deutlicher Zweifel an der männlichen Leidensfähigkeit untergemischt ist, fühlt 'Mann' sich aufgerufen, das Gegenteil zu beweisen.
Der dann eventuell doch folgenden Diskussion wird die Schärfe genommen, indem für den großen Tag auf ein paar im hintersten Schrankeck versteckte fast neue Socken verwiesen wird. Hier ist das Gummi zu eng und 'Mann' hatte sie schon selbst vorsichtig ausgemustert. Dies an der Stelle deutlich auszusprechen ist wenig ratsam.
Das ultimative Sahnehäubchen ist die neue Krawatte, ein Ding durch das sich 'Mann' sowieso alternativlos stranguliert erlebt. Ich zumindest kenne fast keinen Mann, der sich morgens mit Lust und Freude die Krawatte um den Hals würgt, aber vielleicht kenne ich auch nur die Falschen.
Also, je näher der Termin rückt desto mehr nimmt die Sache iim Detail Fahrt auf. Und, am Ende der Vorbereitung setzen sich in der Regel die mittelbar Beteiligten sowieso mehr oder weniger offen durch, wobei ein Zähne knirschend akzeptierter Grundproporz wichtig ist, da sonst das ganze Unternehmen gefährdet sein kann.
Unausweichliche Folge ist die weitgehende präfinale Erschöpfung der Hauptakteure, wobei die Zurückhaltenden etwas besser dran sind, aber denen kneift wiederum die Hose gnadenlos die empfindlichsten Stellen zusammen, wahrscheinlich auch oder nur um sie stetig an ihre Defizite zu erinnern. Am besten läßt es sich noch im Stehen aushalten, alles andere ist grausame Folter.
Allerdings kann wiederum 'Mann' bei der feierlichen, aber kneifenden Trauung wohl der Standesbeamtin schlecht vermitteln, warum 'er' als Einziger stehen bleiben will.
Allerdings kann wiederum 'Mann' bei der feierlichen, aber kneifenden Trauung wohl der Standesbeamtin schlecht vermitteln, warum 'er' als Einziger stehen bleiben will.
Zusammenfassend: Bei Hochzeiten etwa helfen lange und letztendlich erschöpfende Diskussionen wenig, der beste Rat ist, laßt einfach die Mütter der Brautleute machen. Es ist so ziemlich die letzte Gelegenheit mütterliche Gefühle uneingeschränkt emotional ausleben zu können. Später hört doch sowieso "keine Sau" mehr auf die Alten.
Am Besten und mit bestechender Logik hat unser jüngster Enkel Liam die Sache auf den Punkt gebracht:
Wir - er und ich - erleben eine lautstarke Diskussion im Nachbargarten, Frau und Mann geigen sich gegenseitig so richtig die Meinung, ein Kind weint dazu und verstärkt die Dissonanz.
Meine Bemerkung, "Bei denen ist aber etwas los", entschärft er mit einer lockeren Handbewegung, seinem gewohnt breiten Grinsen und der lapidaren Feststellung:
"Wahrscheinlich ist das nur die Diskussion um den Hochzeitsanzug."
Nun ja, ich zumindest kann es verstehen.
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