Manchmal wünschte ich mir, dass mein Kopf wenigstens mit einer gewissen Menge an Haaren gegen unerwünschte Traumata geschützt wäre. Es soll einerseits nicht sein und andererseits bin ich durchaus stolz auf meine Glatze. Peinlich achte ich darauf, dass die Reste nicht länger als 5mm werden, da sie dann fast wie die Telegrafenmasten in Sibirien stehen, wohl genau so stark, aber bei weitem nicht so dicht.
Heute morgen, lief ich bei strahlend schönem Sommerwetter und damit bester Laune im Garten gegen einen tiefhängenden Ast des Kirschbaums.
Sofort war meine gute Laune weg, ich strich mir selbstmitleidig über den Kopf und begann unverzüglich darüber zu grübeln, wer an dem Unglück schuld sein könnte. Ich wurde auch schnell fündig, ich war es nicht! Den "Übeltäter" werde ich jetzt hier nicht nennen, da er/sie nichts von seinem/ihrem schlimmen Tun weiß und man muss ja auch nicht jeden Tag Streß haben wollen. Und letztendlich, ICH hatte nicht aufgepaßt.
Bevor ich mich gedanklich richtig gut aufschaukeln konnte, flüsterte mir eine leise, sanfte Stimme ins Ohr: "Laß sein, es ist, wie es ist."
Erschrocken fuhr ich herum und sah - niemand. Trotzdem war ich mir sicher die sanfte Stimme gehört zu haben, die Stimme von Oma Anna selig.
Großmutter Anna, eine kleine, sehr rundliche, sehr intelligente Frau, durch das Leben und ihre bescheidene soziale Herkunft nicht wenig gebeutelt, pflegte ihre Lebenserfahrung an uns Enkel meist in Form von Sprüchen weiter zu geben.
Heute morgen, lief ich bei strahlend schönem Sommerwetter und damit bester Laune im Garten gegen einen tiefhängenden Ast des Kirschbaums.
Sofort war meine gute Laune weg, ich strich mir selbstmitleidig über den Kopf und begann unverzüglich darüber zu grübeln, wer an dem Unglück schuld sein könnte. Ich wurde auch schnell fündig, ich war es nicht! Den "Übeltäter" werde ich jetzt hier nicht nennen, da er/sie nichts von seinem/ihrem schlimmen Tun weiß und man muss ja auch nicht jeden Tag Streß haben wollen. Und letztendlich, ICH hatte nicht aufgepaßt.
Bevor ich mich gedanklich richtig gut aufschaukeln konnte, flüsterte mir eine leise, sanfte Stimme ins Ohr: "Laß sein, es ist, wie es ist."
Erschrocken fuhr ich herum und sah - niemand. Trotzdem war ich mir sicher die sanfte Stimme gehört zu haben, die Stimme von Oma Anna selig.
Großmutter Anna, eine kleine, sehr rundliche, sehr intelligente Frau, durch das Leben und ihre bescheidene soziale Herkunft nicht wenig gebeutelt, pflegte ihre Lebenserfahrung an uns Enkel meist in Form von Sprüchen weiter zu geben.
Ermahnende oder belehrende Worte waren ihr Ding nicht. Ich kann mich nicht erinnern, von ihr jemals gehört zu haben, "Tu' dies oder jenes nicht", "Das macht man nicht", "Du musst dieses oder jenes tun". Ihr mühsames Leben hatte sie gelehrt zu akzeptieren, dass es besser ist die Dinge zu nehmen wie sie sind und nicht wie sie sein sollten.
Oma Anna war die Beste, weil sie von uns nichts verlangte, sondern uns nahm, wie wir waren. Uns, das waren die drei Enkel, die vor Ort lebten, unter denen ich der Jüngste war.
Brauchte sie beispielsweise für das Mittagessen mit uns Kartoffeln, lagen die drei Stockwerke tiefer im immer etwas feuchten Gewölbekeller. Feucht war in diesem Zusammenhang ein wichtiges Attribut, damit wurden sie nicht schrumpelig. Sie stellte eine Schüssel auf den Tisch, nannte dann nur noch die Zahl der zu holenden Kartoffeln, die gewünschte Größe und schon ging einer von uns oder auch alle Richtung Treppe und in den Keller. Dann dauerte es länger, da wir zuerst alle geheimnisvollen Kellerräume inspizieren mußten. Einmal leerten wir auch eine der dort lagernden Flaschen mit selbst hergestelltem Wein, das dauerte dann sehr lange. Es war Hagebuttenwein und noch heute wird mir schlecht, wenn ich auch nur daran denke. Nie habe ich erlebt, dass wir mit ihr diskutiert hätten, es war völlig selbstverständlich, dass wir das taten, wozu sie uns oft - auch nonverbal - aufforderte.
Häufig waren wir vor Ort, belagerten ihre Küche ließen es uns dort zwischen Schule, Hausaufgaben und fordernden Eltern gut gehen. Ein besonderer Festtag war es, wenn sie aus ihrer großen Truhe, einem alten Seekoffer, die Flasche mit dem selbst gepreßten Leinöl holte. Eine dunkle Bügelflasche von 2 Liter Inhalt, etwas davon auf eine Untertasse schüttete und wir jeweils ein frisches Brötchen - damals zu 5 Pfennige das Stück - in die Köstlichkeit tauchen konnten. Gedidschte Leinölbrötchen, die Delikatesse meiner Kindheit.
Kam dann abends zu Hause die hochnotpeinliche Frage nach der Erledigung der Schularbeiten gewährleistete einzig die Ausrede, "Ich war bei Oma", ein nur lediglich moderates Donnerwetter.
Hatte ich schlechte Schulnoten, führte mein Nach-Hause-Weg zuerst zu Oma Anna und erst dann nach Hause. Die zu Hause regelhaft folgenden Zweifel an meiner Person und meiner Intelligenz ließen sich damit besser ertragen.
Auch bei dem mich in der Kindheit am stärksten belastenden Ereignis spielte Oma Anna eine wesentliche Rolle. Nach meiner Brüskierung als "Enkels eines Nazis" vor der ganzen Klasse der Grundschule führte mein Weg zuerst zu Oma Anna.
Heulend, mit laufender Nase und immer wieder schluchzend versuchte ich ihr den Vorfall zu schildern. Sie ließ mich ausreden, ohne mir ins Wort zu fallen, drückte meinen Kopf gegen ihre Brust. Ich glaube noch heute ihren mich immer wieder beruhigenden charakteristischen Geruch in der Nase zu haben. Anna faßte mein Dilemma in einem Satz zusammen: "Das Leben hat viele Seiten, es ist eben, wie es ist. Später wirst du das einmal verstehen."
Erst sehr viel später erfuhr ich, dass Oma Anna selbst ein strammer Nazi gewesen war. Nicht weil sie ein schlechter Mensch war, sondern weil es ihr ermöglichte auch einmal, wenn auch nur für eine kurze Zeit ihres langen Lebens, auf der Seite der Stärkeren zu sein. Danach gehörte sie, die ruhige, bescheidene und immer arme Frau, die 5 Kinder geboren hatte, wieder zu den Verlierern. Es war eben, wie es war.
Aber das wird eine andere Geschichte.
Kam dann abends zu Hause die hochnotpeinliche Frage nach der Erledigung der Schularbeiten gewährleistete einzig die Ausrede, "Ich war bei Oma", ein nur lediglich moderates Donnerwetter.
Hatte ich schlechte Schulnoten, führte mein Nach-Hause-Weg zuerst zu Oma Anna und erst dann nach Hause. Die zu Hause regelhaft folgenden Zweifel an meiner Person und meiner Intelligenz ließen sich damit besser ertragen.
Auch bei dem mich in der Kindheit am stärksten belastenden Ereignis spielte Oma Anna eine wesentliche Rolle. Nach meiner Brüskierung als "Enkels eines Nazis" vor der ganzen Klasse der Grundschule führte mein Weg zuerst zu Oma Anna.
Heulend, mit laufender Nase und immer wieder schluchzend versuchte ich ihr den Vorfall zu schildern. Sie ließ mich ausreden, ohne mir ins Wort zu fallen, drückte meinen Kopf gegen ihre Brust. Ich glaube noch heute ihren mich immer wieder beruhigenden charakteristischen Geruch in der Nase zu haben. Anna faßte mein Dilemma in einem Satz zusammen: "Das Leben hat viele Seiten, es ist eben, wie es ist. Später wirst du das einmal verstehen."
Erst sehr viel später erfuhr ich, dass Oma Anna selbst ein strammer Nazi gewesen war. Nicht weil sie ein schlechter Mensch war, sondern weil es ihr ermöglichte auch einmal, wenn auch nur für eine kurze Zeit ihres langen Lebens, auf der Seite der Stärkeren zu sein. Danach gehörte sie, die ruhige, bescheidene und immer arme Frau, die 5 Kinder geboren hatte, wieder zu den Verlierern. Es war eben, wie es war.
Aber das wird eine andere Geschichte.
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