Wenn jemand eine Reise tut,
So kann er was verzählen.
D'rum nahm ich meinen Stock und Hut
Und tät das Reisen wählen.
Refrain:
Da hat er gar nicht übel drum getan,
Verzähl' er doch weiter, Herr Urian!
So kann er was verzählen.
D'rum nahm ich meinen Stock und Hut
Und tät das Reisen wählen.
Refrain:
Da hat er gar nicht übel drum getan,
Verzähl' er doch weiter, Herr Urian!
Wenn ich es richtig weiss, ist dieser Text von Matthias Claudius, und da selbiger von 1740 bis 1815 lebte, auch schon entsprechend alt. Nun zog Herr Urian durch die ganze Welt um etwas zu erleben, von Deutschland über den Nordpol, Amerika, Grönland, Afrika, Arabien, Mexico. Damals ohne Billiflieger und Internet sicher eine große Leistung, erlebt aber hat er schon etwas.
Das ist heute viel Einfacher, um etwas wirklich Tolles zu erleben, reicht es, morgens mit dem Bus in den Nachbarort zu fahren. Allerdings passt es nicht irgendeinen Bus zu nehmen, es muss schon - um wirklich etwas Besonderes zu erleben - der Schulbus sein.
Der Schulbus ist dieses Gefährt, an dem sich morgens in der Regel die schulpflichtigen Kinder des jeweiligen Ortes treffen, lediglich um bequem zur nächstgelegenen Schule gefahren zu werden.
Da wir gewohnt sind in Deutschland alles zu regeln, gibt es selbstverständlich auch hierfür Regeln, etwa zum "freigestellten Schülerverkehr". Damit ist erstmal ausschließlich der Busverkehr gemeint.
Was bedeutet „freigestellter Schülerverkehr“?
Der freigestellte Schülerverkehr erfolgt außerhalb des öffentlichen
Linienverkehrs auf der Basis eines Vertrages zwischen dem Schulträger
und dem mit der Schülerbeförderung beauftragten Beförderungsunternehmen.
Der Begriff „freigestellt“ bezieht sich darauf, dass diese Beförderung
von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes, insbesondere von
der Genehmigungspflicht für die Personenbeförderung, befreit ist. Dies
hat beispielsweise praktische Auswirkungen darauf, ob der Fahrer einen
Personenbeförderungsschein benötigt oder nicht. Die Freistellung erfolgt
auf Grundlage der Freistellungsverordnung vom 30. August 1962, geändert
durch Verordnung vom 30. Juni 1989. Diese Organisationsform der
Schülerbeförderung bietet sich dort an, wo die Benutzung öffentlicher
Verkehrsmittel für die Schüler nicht möglich oder zumutbar ist. Durch
die Gestaltung des Beförderungsvertrages hat der Schulträger unmittelbar
Einfluss auf die näheren Rahmenbedingungen der Beförderung, etwa auf
die Routen, Zeiten sowie die verwendeten Fahrzeuge (siehe auch
„Schulbusverträge“ in der Rubrik „Der sichere Schulweg mit dem Bus“).
Das ist doch Klasse, alles geregelt, wenn auch nicht verständlich.
Das ist doch Klasse, alles geregelt, wenn auch nicht verständlich.
Der "freigestellte Schülerverkehr" ist aber nicht gemeint, da sind die lieben Kleinen unter sich, d.h. mit dem Busfahrer, sofern er dies dauerhaft verkraftet. Wahrscheinlich wird dieser "freigestellte Schülerverkehr" zum Schutz der Fahrer das erste große Anwendungsgebiet für autonom fahrende Busse sein.
Ich will berichten vom ungeschützten Aufeinandertreffen von Schülern, Eltern und einfachen Erwachsenen an der Haltestelle des Linienbusses.
Wer eine Bushaltestelle im ländlichen Bereich kennt, weiss, dass es in der Regel heute keine großes Wartehäuschen mehr braucht, es genügt ein Unterstand von der Größe einer Telefonzelle, aber wer braucht schon noch Telefonzellen, also kann die auch noch weg und es bleibt ein einfaches Schild mit dem "H" drauf, ungefähr so:
Diese Art Haltestelle gibt es auch in unserem Dorf. Normalerweise ist da den ganzen Tag kein Mensch.
Ich habe also beschlossen mit dem Linienbus zur Morgenstunde in den Nachbarort zu fahren, 5 Kilometer.
Als ich mich am Montagmorgen der Haltestelle nähere, total unsicher, da ich nicht weiss, wie ich in den Besitz eines Fahrscheines komme und ob es überhaupt noch Fahrscheine gibt, habe ich die Hoffnung, es möge schon jemand dort stehen, den ich dazu befragen kann. Möglichst nur eine Person, damit es mir nicht zu peinlich wird meine Unwissenheit zu bekennen.
Ich bin nicht allein, es stehen schon Menschen da, sogar sehr viele, einige Kinder und dazwischen viele schon von Körpergröße und - fülle dominierende Erwachsene.
Schnell wird mir klar, dort stehen die Schüler mit ihren Eltern. Ich erinnere mich, dass man in meiner Schulzeit vielleicht von den Eltern zum Bus oder zur Schule gebracht wurde, wenn man krank war, aha.
Warum sind diese Kinder alle krank? Ich erinnere mich nicht in den Medien per Schrift, Wort oder Bild darüber informiert worden zu sein, dass eine Epidemie ausgebrochen ist. Normalerweise wird doch jeder Spatzenhusten verläßlich gemeldet und hochgeschrieben.
Ich taste mich langsam in den Bereich der Haltestelle vor und bin überrascht, wie ruhig es hier zugeht. Die Kinder stehen brav neben den Erwachsenen, die Erwachsenen sprechen, die Kinder lauschen.
Interessant sind die Themen der Erwachsenen, es wird gesprochen, wie schwer die Hausaufgaben gestern gewesen sind, dass es doch eine Unverschämtheit der Lehrer wäre von einem Tag zum nächsten den Kindern überhaupt Hausaufgaben zu geben. Ein kleiner dicker Junge ist gestern vom Sportlehrer beim vergeblichen Versuch autonomen Bockspringens zu fest bei der Hilfestellung am Oberarm angepackt worden. Ein kleiner blauer Fleck hat sich gebildet, "Los zeig mal her", bei Temperatur um Null Grad und Nieselregen muss der Junge die Jacke ausziehen, den Pullover hochstreifen um das Korpus delicti allen anwesenden Eltern, übrigens um die 90% Mütter, vorzuführen. Man glaubt an der bezeichneten Stelle, "hier seht ihr das?!", aus lauter Gefälligkeit gegenüber der aufgebrachten Mutter den Abdruck eines Daumens zu erkennen, "hier, seht ihr??". Entsetzte Blicke, empörtes Stöhnen, dann die gemeinsame Festlegung, demokratisch abgestimmt wird nicht, dass der Vorfall Bedeutung genug hätte, um konfrontativer Gegenstand des nächsten Elternabends zu sein.
Interessanterweise tragen nicht die Kinder ihre Schulranzen, Rucksäcke oder Taschen, sondern die Eltern, ich vermute, dass alle Kinder schwer rückenkrank sind und deshalb di Eltern helfen müssen.
An einer Stelle des Bürgersteigs bildet sich eine dichte Traube, vorrangig aus Eltern, die Kinder bleiben etwas zurück, der Bus kommt.
Die vordere Tür kommt genau vor der Elterntraube zum Stehen, ich vermute, dass sie jetzt ihren Kindern das Gepäck übergeben, die Kinder einsteigen lassen und nach Hause gehen.
Ich habe mich getäuscht, es sind gute und verantwortungsvolle Eltern. Als die Tür offen ist entern die Eltern den Bus, sie stürmen hinein, Pardon wird nicht gegeben und versuchen für ihre Schützlinge Plätze zu reservieren, dann kommen die lieben Kleinen nach. Ich erwarte, dass der Busfahrer die Hände schützend über seinen Kopf nimmt, er tut es nicht, entweder ist er schon abgestumpft oder besonders tapfer.
Nachdem alle Kinder ihre Plätze eingenommen und die Mütter letzte Verhaltensregeln mitgegeben haben, verlassen sie den Bus wieder.
Als Letzter steige ich ein, der Erwerb eines Tickets ist kein Problem, der Busfahrer lächelt mich sogar an, zuckt mit den Schultern.
Alle Plätze sind besetzt, ich bleibe im Gang stehen, als Einziger, alle Kinder sitzen, es sind ja nur 5 Kilometer Fahrt.
Voll Scham denke ich dabei an meine Schulzeit und das Warten auf den Schulbus. Wir haben hinter dem Bushäuschen die erste Morgenzigarette geraucht, Hausaufgaben schnell im Stehen oder Hocken oder auf den Ranzen der Anderen abgeschrieben und später auf die Mädchen gewartet. Und niemand von uns wäre es eingefallen nach dem 2. Tag der Ersten Klasse zu tolerieren, dass uns die Mama zum geschweige denn in den Bus bringt. Die Kinder haben es doch heute besser!
Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.
Interessanterweise tragen nicht die Kinder ihre Schulranzen, Rucksäcke oder Taschen, sondern die Eltern, ich vermute, dass alle Kinder schwer rückenkrank sind und deshalb di Eltern helfen müssen.
An einer Stelle des Bürgersteigs bildet sich eine dichte Traube, vorrangig aus Eltern, die Kinder bleiben etwas zurück, der Bus kommt.
Die vordere Tür kommt genau vor der Elterntraube zum Stehen, ich vermute, dass sie jetzt ihren Kindern das Gepäck übergeben, die Kinder einsteigen lassen und nach Hause gehen.
Ich habe mich getäuscht, es sind gute und verantwortungsvolle Eltern. Als die Tür offen ist entern die Eltern den Bus, sie stürmen hinein, Pardon wird nicht gegeben und versuchen für ihre Schützlinge Plätze zu reservieren, dann kommen die lieben Kleinen nach. Ich erwarte, dass der Busfahrer die Hände schützend über seinen Kopf nimmt, er tut es nicht, entweder ist er schon abgestumpft oder besonders tapfer.
Nachdem alle Kinder ihre Plätze eingenommen und die Mütter letzte Verhaltensregeln mitgegeben haben, verlassen sie den Bus wieder.
Als Letzter steige ich ein, der Erwerb eines Tickets ist kein Problem, der Busfahrer lächelt mich sogar an, zuckt mit den Schultern.
Alle Plätze sind besetzt, ich bleibe im Gang stehen, als Einziger, alle Kinder sitzen, es sind ja nur 5 Kilometer Fahrt.
Voll Scham denke ich dabei an meine Schulzeit und das Warten auf den Schulbus. Wir haben hinter dem Bushäuschen die erste Morgenzigarette geraucht, Hausaufgaben schnell im Stehen oder Hocken oder auf den Ranzen der Anderen abgeschrieben und später auf die Mädchen gewartet. Und niemand von uns wäre es eingefallen nach dem 2. Tag der Ersten Klasse zu tolerieren, dass uns die Mama zum geschweige denn in den Bus bringt. Die Kinder haben es doch heute besser!
Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen.
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