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Der Tag der offenen Klappen .... oder Der deutsche Hausmann auf den Spuren von Mark William Calaway

Ich gestehe, ich bin noch einer der Deppen, die Wasser in Flaschen durch die Gegend schleppen und fahren, statt schlicht den Wasserhahn aufzudrehen. Obwohl ich schon vor Jahren den Geschmack verloren habe, bevorzuge ich eine Wassersorte, die früher von einem weltbekannten Rennfahrer beworben wurde. Ich denke nicht, dass das etwas mit meiner Bevorzugung zu tun hat, aber wer weiß das schon genau?

Also, ich drehe nicht einfach den Wasserhahn auf, ich schleppe lieber Kästen, obwohl es Wasser aus dem Hahn genauso täte, nämlich den Durst zu löschen und meinen Stoffwechsel auf Trab zu halten.

Meist behalte ich mir den Getränkekauf für den Samstag vor, auch ein Grund sich mal davon zu schleichen.

Wer viel Zeit und Lust, sich nichts Sinnvolleres vorgenommen und dazu noch Interesse an menschlichen Extremerlebnissen hat, dem empfehle ich einen Samstagmorgen vor dem lokalen Getränkemarkt.

Bitte nicht zu früh, da kommen nur die unauffälligen Typen, aber so ab 10.00 Uhr wird es interessant, dann tauchen die echten Kerle auf.

Am frühen Morgen kommen die Ehemänner, die für ihre Frauen das spezielle Wässerchen holen, dies auch lautstark jedem, der es wissen will oder auch nicht, verkünden, dass der Dame des Hauses nur dieses oder jenes Wasser bekömmlich ist und dass sie deshalb ihn und genau nur ihn vertrauensvoll mit der unverzüglichen Beschaffung beauftragt hat. 
Sie kaufen Wasser, nichts als Wasser, vielleicht noch streng veganen Fruchtsaft, kaltgepresst und bio. Vor den Regalen mit süßen Getränken schütteln sie empört den Kopf, nicht weil sie es wollen, sondern weil sie das von ihrer Frau so gesehen haben. Statt an den herrlichen Geschmack frischer Waldmeisterbrause ihrer Kindheit denken sie voll Grauen an kindliche Karies und Übergewicht.

Wenn sie ganz tapfer sind packen sich diese lebensfrohen Typen verschämt einzelne Flaschen mit alkoholhaltigen Inhalten auf den Wagen, dabei vergessen sie nicht zu betonen, dass sie unmittelbar Besuch erwarten und nur deshalb ....

Im Auto verstauen sie dann die moralisch befleckten Dinge ganz hinten oder in den multiplen Seitenfächern, wahrscheinlich als Reserve für gar zu schlechte Stunden. 

Das sind also die langweiligen Typen, die zu Hause aufräumen, Staub saugen die Wäsche aufhängen, vielleicht sogar noch bügeln, den Müll runterbringen und ihn dabei zu allem Überfluss auch noch sachgerecht trennen. Es wird berichtet, dass besonders junge, weiße Männer zu diesen Absonderlichkeiten neigen, denn schließlich brauchen die modernen Frauen heute die Zeit, um permanent über den lieben Kindern zu kreisen.

Also, wenn sie diese Typen nicht mehr antreffen haben sie nichts verpasst, das können sie auch selbst.

So gegen 10.00 kommen dann die richtigen Männer, nicht vorsichtig auf den Parkplatz geschlichen, sondern mit Schmackes. Schade nur, dass meist so wenig Platz ist, dass man die Reifen nicht quietschen lassen kann. Kurz bremsen, Tür auf, rausspringen, so es noch geht, Kofferraum weit auf, bevor man sich einen Wagen holen geht, sieht echt cooler aus, mit weit offener Kofferraumklappe.

Prinzipiell dominieren zwei Typen von Mann, die Dürren mit der Zigarette im Mundwinkel und die Dicken mit ausgeprägter Stammadipositas und meist viel zu engem T-Shirt. Die Dürren stopfen das T-Shirt in die Hose, die Dicken tragen es locker darüber, es nimmt am unteren Rand die Form eines Vordaches an, wobei nicht ganz klar ist, was beschirmt werden soll, der Bauch ist ja schon darunter, wenigstens zum Teil.

Man(n) begrüßt sich lautstark, unabhängig davon, ob man sich kennt oder auch nicht, mit Schwung wird ein Wagen herangeholt, mit weit ausladenden Bewegungen werden die leeren Getränkekisten aus dem Kofferraum und auf den Wagen befördert, es soll wohl Stärke demonstrieren. Brav stellen sie sich an der Leergutannahme an, zählen der jungen Verkäuferin gewissenhaft jede Flasche vor.

Ach so, der echt coole Mann läßt dabei draußen vor dem Markt die Kofferraumklappe seines SUV weit auf, die ganz Toughen lassen den Motor laufen, das Radio ist auf Maximum gedreht.

Leiser wird es beim Gang durch die Reihen mit den Bierkisten, die meisten sind jetzt hochkonzentriert. Wir können drei Arten von Käufern identifizieren, zuerst, die die immer das Gleiche kaufen, dann die, die genau wissen, was in der Woche gerade im Angebot ist und die, die suchend umhergehen, um für möglichst wenig Kohle möglichst viele Flaschen oder Büchsen zu bekommen. 

An der Kasse trifft man sich dann wieder, um sich auszutauschen, über den blöden Chef, die Alte zu Hause, die "einem" gnadenlos auf den Geist geht, es hört sich an wie die Apokalypse oder der unmittelbare Zugang zur Hölle, der unweigerlich auf die Männer wartet, sobald sie wieder im richtigen, harten, ja gnadenlosen Männerleben angekommen sein werden. Vorerst jedenfalls wird der Chef gedanklich zerrissen, die Alte unangespitzt in Grund und Boden versenkt.

Dieser und jener bleibt noch ein Weilchen hinter der Kasse stehen, führt begonnene Gespräche weiter, ich vermute, um das freie Männerleben noch etwas länger auskosten zu dürfen.

Und draußen stehen die SUV's mit offener Kofferraumklappe und laut dudelndem Radio, gestern war Musik von Bob Dylan's "Knockin on heaven's door", über Bob Marley's "No woman no cry " bis Helene Fischer's "Gnadenlos" zu hören. 
(Zugegeben, der Bob Marley war geschwindelt .-)), aber es hätte ja sein können.)

Das Einladen der vollen Bierkästen vollzieht sich beim Weitem nicht so schwungvoll, wie das Ausladen, die Wagen werden lustlos weggeschoben, der Leib hinter das Steuer gezwängt. 

Wenn die Türen geschlossen sind, verklingt auch die Musik und wenn ich es richtig gehört habe, erklang in einem Wagen im Losrollen die Einzugsmusik des "Undertakers", der Trauermarsch von Chopin, aber das kann ich nicht beweisen.




Wer ist nicht gern ein richtiger Kerl mit aufgerissener Klappe vor dem Getränkemarkt seiner Wahl und seines Vertrauens.


Der Kenner der Wrestlingszene, weiß wovon gesprochen wird, wer es nicht weiß, hat nichts verpasst und die Damen brauchen ja lediglich ihre Kerle anzusehen, da haben sie das volle Programm - sogar authentisch. Nur eben nicht Mark William Calaway, eher den Bestatter.





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